Kein Preis für Daten: OLG Stuttgart bestätigt „kostenlos“-Werbung bei der Lidl Plus-App 

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat mit Urteil vom 23. September 2025 (Az. 6 UKl 2/25) eine richtungsweisende Entscheidung für datenbasierte Geschäftsmodelle getroffen. Die zentrale Frage: Gilt die Bereitstellung personenbezogener Daten als „Preis“? Die Antwort: Nein. Unternehmen dürfen ihre Apps oder digitalen Dienste auch dann als kostenlos bezeichnen, wenn sie personenbezogene Daten der Nutzer verarbeiten – solange diese Verarbeitung transparent und DSGVO-konform erfolgt.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte gegen die Lidl Stiftung & Co. KG geklagt. Streitpunkt war die Bezeichnung der Kundenbindungs-App „Lidl Plus“ als „kostenlos“. Nach Ansicht des vzbv „bezahlen“ Nutzer jedoch mit ihren Daten – die App könne daher nicht als kostenfrei gelten. Lidl verwertete die Daten unter anderem zur Personalisierung von Angeboten und Werbung. Die Verbraucherschützer sahen darin einen verdeckten Preis.

Andre Müller
Andre Müller
Referent für Datenschutz und Künstliche Intelligenz
Bitkom Consult

Entscheidung des OLG Stuttgart

Kernpunkte der Entscheidung:

  • Keine Preisangabe bei datenbasierter Gegenleistung:
    Nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB ist ein Unternehmer verpflichtet, Verbraucher vor Vertragsschluss über den Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung zu informieren.
    Das Gericht stellte klar: Die Bereitstellung personenbezogener Daten – auch als Gegenleistung – stellt weder nach der Verbraucherrechterichtlinie noch nach deutschem Recht einen Preis dar.
    Damit besteht keine Pflicht, im Fernabsatz eine Preisangabe zu machen, wenn keine Geldleistung erbracht wird.

  • Trennung von Datenschutzrecht und Preisrecht:
    Die rechtlichen Informationspflichten über den Umgang mit personenbezogenen Daten ergeben sich ausschließlich aus der DSGVO.

  • „Kostenlos“ ist zulässig – keine Irreführung:
    Da der Verbraucher weder einen Preis noch sonstige Kosten zahlt, darf die Dienstleistung als „kostenlos“ bezeichnet werden.

Handlungsempfehlungen

Damit Sie sich gut positionieren können, hier vier konkrete Empfehlungen:

  • Klare Trennung der Rechtsgebiete: Datenschutzinformationen gehören in die Datenschutzerklärung, nicht in Preisangaben.

  • Transparenz sichern: Nutzer müssen genau wissen, welche Daten wie genutzt werden.

  • DSGVO-Pflichten erfüllen: Rechtmäßigkeit (Art. 6 DSGVO), Informationspflichten (Art. 13/14 DSGVO), Widerspruchsrecht.

  • Marketing-Claims prüfen: „Kostenlos“ bleibt zulässig, wenn kein Geld fließt – aber die begleitende Kommunikation muss datenschutzrechtlich sauber sein.

Ausblick

Das Urteil zeigt, wie europäische Daten- und Verbraucherrechte zusammenspielen, ohne sich gegenseitig zu überlagern. Für die Praxis entsteht mehr Rechtssicherheit, aber auch mehr Verantwortung für transparente Datenverarbeitung. Unternehmen, die mit Daten arbeiten, sollten ihre Modelle regelmäßig juristisch und datenschutzrechtlich prüfen – bevor sie Marketing-Claims wie „kostenlos“ verwenden.

Kontakt

Sie möchten Ihre Datenschutzprozesse auf den Prüfstand stellen oder externe Dienstleister rechtssicher einbinden?
Wir unterstützen Sie bei der rechtlichen Bewertung, Umsetzung und Kontrolle – praxisnah und DSGVO-konform.
Melden Sie sich gern unter datenschutz@bitkom-consult.de

Share