Fristlose Kündigung aufgrund von Weiterleitung vertraulicher Informationen an die private E-Mail-Adresse
(OLG München, Urt. v. 31.07.2024 - Az. 7 U 351/23e)
Am 31. Juli 2024 hat das OLG München entschieden, dass die Weiterleitung geschäftlicher E-Mails mit vertraulichem Inhalt an die private E-Mail-Adresse eine außerordentliche und somit fristlose Kündigung rechtfertigen kann.
Sachverhalt
Der Kläger war Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft und hatte mehrfach seine geschäftlichen E-Mails mit vertraulichem Inhalt an seine private E-Mail-Adresse weitergeleitet, dabei setzte er seine private E-Mail-Adresse in cc. Die betroffenen Personen hatten ihm zuvor keine Einwilligung gegeben und waren über die Weiterleitung an seine private E-Mail-Adresse auch nicht informiert worden. In diesem Zusammenhang lag dem Kläger auch keine Genehmigung des Aufsichtsrates vor. Dieser Umstand führte seitens des Unternehmens zu einer fristlosen Kündigung des Klägers. Dieser verteidigte sein Handeln mit der Argumentation, dass die Weiterleitung der E-Mails erforderlich gewesen sei, um sich selbst gegen Vorwürfe abzusichern. Zudem seien die Informationen im Rahmen der Weiterleitung nicht Dritten zugänglich gemacht worden.
Das Unternehmen sah in der ungerechtfertigten Weiterleitung geschäftlicher E-Mails nicht nur die Pflicht zur Einhaltung der Verpflichtungen nach dem Geheimnisschutzgesetz verletzt sondern auch einen Verstoß gegen die datenschutzrechtlichen Vorgaben.
Begründung des Gerichts
Das Gericht gab der Beklagten Recht und führte aus, dass der Kläger allein schon aufgrund seines Dienstvertrags verpflichtet war, sämtliche betrieblichen Informationen und Geschäftsgeheimnisse vertraulich zu behandeln. Er habe diese nicht verbreiten, kommunizieren oder verwerten dürfen. Das Gericht stufte die weitergeleiteten E-Mails als vertraulich zu behandelnden Informationen ein, sah jedoch in dem Handeln des Klägers keinen Verstoß gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung aus § 93 Abs. 1 S. 3 AktG. Der Kläger habe aber, nach rechtlicher Auffassung der Richter, gegen seine sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 AktG ergebende Sorgfaltspflicht verstoßen. Auch sahen sie in der Weiterleitung der E-Mails eine Datenverarbeitung i.S.v. Art. 4 Nr. 2 DSGVO, für die der Kläger keine Rechtsgrundlage hatte. Eine Verletzung der datenschutzrechtlichen Vorschrift stellt per se keinen wichtigen Kündigungsgrund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB dar, jedoch war die Weiterleitung missbräuchlich erfolgt, da es sich um sensible Informationen gehandelt habe, die der Kläger ohne Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben vorgenommen hatte.
Fazit
Für die Praxis ist diese Entscheidung bedeutend, da für viele Mitarbeiter die Versuchung groß ist, sich geschäftliche E-Mails mit vertraulichen Inhalten an die eigene private E-Mailadresse weiterzuleiten. Teilweise passiert dies aus einer positiven Motivation heraus, um auch nach Dienstschluss von zu Hause aus arbeiten zu können. Im Ergebnis stellen aber solche Weiterleitungen von E-Mails in aller Regel einen Datenschutz- bzw. Complianceverstoß dar.
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